Picton, Kaikoura 24./25. Januar 2020
Heute Morgen sind wir alle wieder sehr müde. Wenigstens geht es Noah genauso, also im Zweifel keine Frage des Alters. Gut, dass wir heute wieder nur von A nach B müssen. Von Picton nach Kaikoura sind es nur knappe 160km aber man braucht dafür 3 Stunden. Grund ist eine Baustelle nach der anderen an der Küstenstraße. Dabei verengt sich oft die Fahrbahn auf eine Spur für beide Seiten. Allerdings wird das hier nicht wie bei uns mit temporären Ampelanlagen geregelt. Stattdessen steht am Straßenrand jemand, überwiegend Frauen, mit einem Schild in der Hand, auf dem auf der einen Seite Stop und auf der anderen Seite Slow steht. Und etwas entfernt auf der Gegenspur steht auch so jemand.
Wenn das Schild von Stop auf Slow gedreht wurde, bekommt man im Vorbeifahren ein freundliches Lächeln und fröhliches Winken. Wobei der Enthusiasmus, mit dem das erfolgt, vom individuellen Naturell abhängt. Bei der einen wirkt es wie königliches Handheben, die nächste lässt schäkernd und verspielt die Finger tanzen. Es ist wirklich sehr unterhaltsam.
Die Landschaft sieht am Anfang aus wie der gerodete Sound, nur ohne Wasser. Später, an der Küste, verlaufen rechter Hand hohe Berge und links die mit Felsen gesprenkelte Küste.
Als wir schließlich in Kaikoura ankommen, möchte ich wirklich ganz dringend ein Badezimmer aufsuchen. Die Campertoilette versuchen wir in bestimmten Situationen zu vermeiden. Wir kommen also am Campingplatz an, der etwas dubios aussieht. Im Büro ist keiner, denn es ist ja noch nicht 14.00 Uhr. Ich habe keine Zeit zu warten und mache mich auf, die Örtlichkeiten zu suchen.
Der Campingplatz ist grottig. Die wenigen Stellplätze sind von der Hauptstraße durch eine Wand halb verfallener Gebäude getrennt. Die Waschräume sehen aus wie in uralten Sporthallen, sehr kahl, dunkel, ohne Abstellmöglichkeiten, einfach alles andere als einladend.
Als ich zum Camper zurückkomme, ist es Chris noch nicht gelungen, jemanden aufzutreiben zum Einchecken. Noah kommt auch gerade von den Waschräumen und unisono erzählen wir, dass es hier absolut furchtbar ist. Für eine Nacht hätte ich das ja toleriert, aber bei zwei Nächten habe ich da keine Lust drauf. Noah ist meiner Meinung. Ich schlage vor, die 87$ in den Wind zu schlagen und auf den anderen Campingplatz zu gehen. Chris zeigt sich ergeben und wir fahren 300m zurück. Dieser Platz ist modern, hübsch gestaltet und gehört zur Top 10-Kette, bei der wir schon öfter abgestiegen sind.
Das Einchecken ist sofort möglich. Die Rezeptionistin fragt uns nach unseren Vorhaben in Kaikoura und meint, mit einer Clubmitgliedschaft würden wir auf alles, was wir gebucht haben, nachträglich 10% Nachlass bekommen. Da wir hier zwei der teuersten Touren der ganzen Reise gebucht haben, hätten wir die Kosten des anderen Platzes dann mehr als drin. Und was soll ich sagen – das hat tatsächlich geklappt!
Kaikoura ist für seine Touren bekannt, der Ort selber ist nicht wirklich adrett. Dafür liegen im Hintergrund der Stadt bis über 2000m hohe Berge, die die Szenerie eindrucksvoll dramatisch gestalten. Und ab und zu gibt es was unterhaltsames zu sehen (siehe oben). Wir gehen zum Lunch, bestätigen unsere Tour für morgen und besuchen das Visitorcenter. Dann spazieren wir wieder zurück zum Campingplatz und lassen uns erschöpft in die Sitzgelegenheiten fallen. Die Tour von gestern steckt uns noch in den Knochen. Und morgen geht es wieder früh raus. Um 8.10 Uhr müssen wir einchecken – zum Schwimmen mit Delphinen!
Wie üblich ohne Frühstück sind wir am nächsten Morgen vor Ort. Hier haben sie endlich mal ein tolles Café angeschlossen, so dass wir ein leckeres Frühstück genießen, bevor es zum Umziehen geht. Wir erhalten alle einen dicken Wetsuit mit Kapuze, kurzen Flossen, Taucherbrille und Schnorchel. Den Wetsuit ziehen wir an – er ist wirklich warm.
Dann gibt es ein Briefing in einem Videoraum und eine Busfahrt zum Hafen. Das Boot ist deutlich moderner als der Bus, ein schneller Katamaran. Etwa 30 Leute sind dabei, aber nur 10 dürfen ins Wasser. Die anderen sind zum Delphine gucken eingebucht. Es gibt hier strenge Reglementierungen. Nur dieser Veranstalter darf die Tour anbieten, nicht mehr als drei Touren pro Tag, mit begrenzter Schwimmerzahl und definierten Ruhezeiten für die Delphine. Die Delphine werden nicht angefüttert oder anders angelockt. Wenn sie sich uns Schwimmern zuwenden, ist das allein ihr ureigener Spieltrieb und abhängig von unserem Einsatz. Wir sollen deshalb trotz Auftrieb des Anzugs möglichst immer wieder ins Wasser eintauchen und möglichst hohe Töne von uns geben. Das finden die Delphine interessant. Sind welche bei uns, sollen wir uns im Kreis mitbewegen, damit wir Kontakt halten und sie vielleicht einen kleinen Moment bei uns bleiben. Wir gehen Delphine gucken und die Delphine gehen Menschen gucken – sofern welche da und daran interessiert sind.
So vorbereitet ist es schon relativ bald soweit, dass wir uns am Heck des Bootes gleichmäßig verteilen sollen. Ich sehe gar keine Delphine bis zu dem Moment als es los geht. Sobald das Horn tutet, begeben wir uns alle schnellstmöglich ins Wasser und Richtung Delphine. Ich habe großen Respekt vor dem kalten Wasser. Aber diese Angst war unbegründet, einmal drin verschwende ich keinen Gedanken daran und friere wirklich nicht.
Im Wasser fange ich an Delphin-gleich einzutauchen und hohe Töne von mir zu geben. Und da kommen sie tatsächlich näher. Sie schwimmen an mir vorbei und unter mir durch. Und manchmal umkreisen sie mich und ich versuche, mich mit im Kreis zu drehen. Doch sie sind unglaublich schnell und deshalb auch unglaublich schnell wieder weg. Die Geräusche – das bin ich, nicht die Delphine.
Ich schlucke dauernd Wasser, weil ich das Atmen, Auspusten des Wassers und erneute Eintauchen nicht so richtig koordiniert bekomme. Gleichzeitig fiepe ich vor mich hin und versuche mit der GoPro zu filmen. Das Blöde ist, dass das Display der GoPro immer relativ schnell ausgeht und ich nicht immer genau weiß, ob sie jetzt gerade an oder aus ist. Und ich habe auch keine Zeit zum Nachschauen. Ich versuche jedoch, nur kurze Filmsequenzen zu erstellen. Lange Videos könnte ich im Blog ja gar nicht hochladen. Ich bin also vollauf beschäftigt.
Alle Ritt kommen ein oder zwei oder drei Delphine bei mir vorbei und manchmal bleiben sie für 5 Sekunden bei mir, schwupp sind sie wieder weg. Aber ich bin so fasziniert, dass ich einfach immer weiter mache. Für die Zuschauer muss das absolut bekloppt aussehen. Das haben sie auch beim Briefing gesagt: Sollte es mit den Delfinen nicht weit her sein, werdet ihr an der bekloppten Aktion der Schwimmer euren Spaß haben.
Als die Delphine das Interesse verlieren, tutet das Horn, damit wir wieder zum Boot zurückkommen. Einige Delfine schwimmen nebenher- genauso schnell oder sogar schneller als das Boot!
Wir bleiben für den nächsten Absprung in Stellung und nach vielleicht 5 Minuten sehen wir plötzlich Hunderte von Delphinen. Das Boot hält und wir springen wieder ins Wasser und schwimmen zu den ungefähr 200m entfernten Delphinen. Einige kommen uns entgegen und das Spiel geht von vorne los.
Im Wasser treiben Schwärme von kleinen Krabben. Die sind der Grund, warum hier so viele Delphine sind.

Das ganze wiederholt sich nochmal. Mittlerweile muss ich immer wieder kurze Pausen einlegen, weil mir schlicht die Puste ausgeht. Nach vier Durchgängen ist das Schwimmen abgeschlossen und wir legen uns alle erstmal trocken. Das Boot folgt derweil den Delphinen. Und wir erhalten jetzt noch die Gelegenheit, ungefähr 20 Minuten oder so den Delphinen bei ihren Mätzchen zuzuschauen.
Die hier anwesenden Dusk Dolphins (ich hoffe, das ist richtig geschrieben) sind wohl gerne akrobatisch unterwegs. Einige Delphine gebärden sich richtig närrisch. Es macht unglaublich Spaß und niemand kann sich davon losreißen.
Aber irgendwann dreht das Boot ab und lässt den Delphinen wieder ihre Ruhe. Wir machen uns immer noch grinsend auf den Rückweg. Es war wirklich sagenhaft.
Aber der Nachmittag ist damit auch weitgehend gelaufen, denn wir sind nachhaltig erschöpft von unserem Geplansche. Aber eins mache ich noch: Bevor Noah wieder heimfliegt, bekommt er von mir heute noch einen leckeren Wurstsalat mit Bratkartoffeln. Denn sowas gibt es hier natürlich nicht. Kartoffeln gibt es als Pommes (Chips), Hash Browns (Rösti) oder Kartoffelbrei (aber nur im Irish Pub).
Und als wir uns auf die Suche nach Wurst machen und ich die Kartoffeln koche, weiß ich auch warum. Es gibt hier keine Einteilung wie bei uns in Kartoffeln mit viel oder wenig Stärke. Hier haben anscheinend alle Kartoffeln extrem wenig Stärke. Als ich versuche, sie zu kochen, bleiben sie entweder hart oder zerfallen im Wasser. Mit Mühe gelingt es mir, welche für die Erstellung von Bratkartoffeln herzurichten.
Wurst zu finden, ist auch eine Herausforderung. Wir kaufen etwas, das Roten gleicht. Aber der Geschmack ist irgendwie ähnlich wie bei veganen Würstchen. Es schmeckt ein bisschen wie Brot mit Suppengeschmack. Der Fleischgeschmack geht dabei unter. Dann kaufen wir noch eine Wurst, die unserer Lyoner optisch ähnelt, sie heißt Chicken and Ham. Der Geschmack liegt jedoch deutlich bei Chicken und wenig bei Ham. Da meine Variante von Wurstsalat – die meine Familie mag – sehr viel Gemüse (Tomaten, Gurken, Zwiebeln, gepickelte Gurken, Rucola, Paprika, Radieschen) enthält, geht der Geschmack der Wurst glücklicherweise etwas unter. Und wenn man die Kartoffelbrocken lange und sehr kross anbrät, bevor man sie wendet, halten die Kartoffeln auch zusammen. Noah ist glücklich und weiß meine Bemühungen um ein bisschen deutsche Küche, bevor er in einem halben Jahr nach Hause kommt, sehr zu schätzen.
Huhu
Also ihr habt echt viele tolle Bilder und Berichte, aber das Delphintauchen ist mein Favorit. Ich liebe Delphine und bin ganz neidisch. Von sowas träume ich….😍
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Wenn ich jetzt noch wüsste wer jemand ist?
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Ich habe davon auch immer geträumt. Bei der ursprünglich geplanten Richtung hätten wir keinen Platz mehr bekommen. Deshalb sind wir erst in den Süden und dann in den Norden gefahren. Nur so war es möglich, für uns drei Plätze als Schwimmer zu buchen. Wenn ich mitgefahren wäre, um anderen beim Schwimmen zuzuschauen hätte es mich wahrscheinlich verrissen.
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Hallo Gisela, der jemand ist die gute Nachbarschaft 🤣, Heike.
D.h., man müsste kein Taucher sein, um mit den Delphinen zu schwimmen.
Absolutely great!!! My favorite!!!!
Ihr habt bald einen Wahnsinns Urlaub hinter euch, von dem ihr bestimmt noch lange zehren werdet bzw erzählen könnt.
Liebe Grüße Heike und Franco
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Genau. Ein bisschen Sicherheit im Wasser und du bist dabei! Mit dem Anzug kann man auch nicht untergehen! 😃🙃
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